Warum braucht es einen neuen Ansatz in der Rentenpolitik, um Altersarmut breiter Bevölkerungsschichten zu verhindern? Wie können Arbeitgeber stärker an der Finanzierung auskömmlicher Renten beteiligt werden?
Über diese Fragen diskutieren heute im Stuttgarter Willi-Bleicher-Haus rund 100 Gewerkschafter*innen mit Vertreter*innen der demokratischen Parteien, der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV BW) und dem Bündnis gegen Altersarmut Baden-Württemberg. Der DGB Baden-Württemberg, ver.di und das Bündnis gegen Altersarmut hatten zu der Fachkonferenz eingeladen.
Aktuelle Befunde der Bundesagentur für Arbeit und der DRV BW zeigen, wie groß der Handlungsbedarf ist. So werden von den gegenwärtig rund 22 Millionen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland etwa 9,3 Millionen im Alter lediglich eine monatliche Rente von weniger als 1.500 Euro erreichen, sofern keine neue Weichenstellung erfolgt.
In Baden-Württemberg erhalten Rentner, die 2022 neu in die Altersrente gewechselt sind, im Schnitt 55 Euro weniger Rentenbezüge als Rentner, die schon länger im Ruhestand sind: 1.372 Euro im Vergleich zu 1.427 Euro. Fast jede fünfte ältere Frau in Baden-Württemberg (18,4 Prozent) ist von Altersarmut betroffen. In der Gesamtbevölkerung liegt diese Quote bei 13,6 Prozent.
Kai Burmeister, Vorsitzender DGB Baden-Württemberg: „Nichtstun bedeutet: Breite Schichten bis in die gesellschaftliche Mitte hinein drohen im Alter zu verarmen. Wir brauchen eine Richtungsentscheidung, ob unser Rentensystem den Lebensstandard sichern soll oder nur noch zur Armutsvermeidung taugen soll.“
Burmeister weiter: „Wir brauchen dringend einen rentenpolitischen Neustart. Heutige und künftige Rentner*innen dürfen nicht vom Wohlstand abgekoppelt werden. Das Rentenniveau muss wieder auf mehr als 50 Prozent steigen. Wir schlagen eine solidarische Erwerbstätigenversicherung vor, in die alle Berufsgruppen einbezogen werden. Mehr Tarifbindung und weniger prekäre Beschäftigung sind die Voraussetzungen, dass sich Menschen eine auskömmliche Rente erarbeiten können. Ohne Wenn und Aber: Für ein gutes Leben im Alter muss endlich die betriebliche Altersversorgung gestärkt und verbreitert werden. Erste und zweite Säule ergänzen sich, und wir Gewerkschaften sind gut beraten, auf mehreren Gleisen für gute Einkommen im Alter zu fahren.“
Die sogenannte Aktienrente, die die Ampel-Koalition einführen will, lehnen DGB und ver.di entschieden ab. Ebenso wäre eine Anhebung des Renteneintrittsalters ein Irrweg, wie aktuell vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage vorgeschlagen. „Das wäre eine dramatische Rentenkürzung. Bereits heute erreicht die Mehrheit der Beschäftigten nicht die reguläre Altersgrenze von aktuell 66 Jahren, sondern geht mit 64 Jahren und vier Monaten in Rente. Schon das ist für viele Menschen ein Kraftakt“, argumentiert Burmeister.
Maike Schollenberger, stellvertretende Landesbezirksleiterin ver.di: „Seit Jahrzehnten wird mit angeblich demnächst explodierenden Beitragskosten aufgrund der Demografie die gesetzliche Rente systematisch schlechtgeredet. Mit der Folge, dass die Menschen das Vertrauen in das zentrale Sicherheitsversprechen unseres Landes verlieren. In Wahrheit haben wir aktuell den niedrigsten Beitragssatz zur Rentenversicherung seit 1993. Mit moderaten und paritätisch finanzierten Beitragssatzsteigerungen und der Einbeziehung aller Erwerbstätigen könnten wir ein gutes Rentenniveau für alle garantieren.“
Pressesprecherin:
Andrea Gregor
Tel.: 0711-2028-213
Mob: 0175-2924287
Fax: 0711-2028-250
andrea.gregor(at)dgb.de
DGB/Anna Sieger
Onlineredakteurin:
Luca Gemein
Tel.: 0711-2028-300
Mob: 015142119568
Fax: 0711-2028-250
luca.gemein(at)dgb.de
DGB/Anna Sieger
Assistentin:
Benita Kaupe
Tel.: 0711-2028-215
Fax: 0711-2028-250
benita.kaupe(at)dgb.de
DGB/Anna Sieger
Postanschrift:
DGB-Bezirk Baden-Württemberg
Pressestelle
Willi-Bleicher-Str. 20
70174 Stuttgart