Besuch bei der IG Metall in Gaggenau: Die Betriebsräte des Familienbetriebes Pister Kugelhähne in Muggensturm und des Autozulieferers HBPO in Rastatt berichten, wie sie es geschafft haben, gegen hohe Widerstände ihrer jeweiligen Geschäftsleitungen einen Betriebsrat zu gründen und Tarifverhandlungen anzustoßen.
Bei Pister Kugelhähne gilt inzwischen ein Tarifvertrag, der den rund 100 Beschäftigten viele Vorteile bringt. Bei HBPO hat die Belegschaft mit einem Warnstreik zuletzt Druck gemacht, damit die Verhandlungen zügig fortgeführt werden. Dabei wurden sie tatkräftig von Claudia Peter, der Ersten Bevollmächtigten der IG Metall in Gaggenau, und dem Gewerkschaftssekretär Bodo Seiler unterstützt.
Die Beispiele zeigen: Mit einer starken Gewerkschaft im Rücken haben es die Beschäftigten geschafft, ihre Rechte einzufordern und gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen, etwa zu geringe Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, ungleiche Bezahlung für gleiche Arbeit und dem Einsatz von Leiharbeitsbeschäftigten als Streikbrecher. Das Erfolgsrezept: Viele kreative Aktionen, ein offenes Ohr für die Wünsche der Beschäftigten und die Schaffung eines Wir-Gefühls, um den massiven Einschüchterungsversuchen durch den Arbeitgeber Stand zu halten.
Der DGB-Landesvorsitzende Martin Kunzmann lobte das Engagement der Kollegen. „Es ist skandalös, wenn Arbeitgeber die Gründung von Betriebsräten hintertreiben oder ihre Arbeit behindern. Sie verweigern damit den Beschäftigten eine Interessenvertretung, auf die sie einen gesetzlich verankerten Anspruch haben. Das ist äußerst kurzsichtig gedacht. Betriebe mit Betriebsrat sind wirtschaftlich erfolgreicher als die Konkurrenz ohne Betriebsräte. Betriebsräte und Gewerkschaften bringen ihre Kompetenz ein, um gemeinsam mit den Arbeitgebern Lösungen im Sinne der Beschäftigten für den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen zu erarbeiten. Sie sind oft Treiber von Innovationen. Bei unseren Gesprächen mit Politikerinnen und Politikern betonen wir immer wieder, wie wichtig Mitbestimmung und Tarifbindung für den langfristigen Erfolg unserer Wirtschaft sind. Sie sind auch wichtig, um den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken. Deshalb habe ich kein Verständnis dafür, wenn Betriebsratsmobbing als eine Art Kavaliersdelikt betrachtet wird. Die Arbeitgeber, die die Rechte der Beschäftigten mit Füßen treten, dürfen nicht so einfach aus der Verantwortung gelassen werden wie bisher. Wer eine Straftat begeht – und dazu gehört die Behinderung von Betriebsräten – muss auch entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden.“
Der Betriebsrat von Pister Kugelhähne hatte sich 2018 für den Mitbestimmungspreis der DGB Baden-Württemberg „Gute Arbeit – ausgezeichnet“ beworben, war aber bei der Preisverleihung leer ausgegangen. „Es wurde eine ganze Reihe von guten und sehr guten Bewerbungen eingereicht. Da fiel der Jury die Auswahl schwer“, berichtet Kunzmann. „Ich finde das, was die Kollegen und Kolleginnen bei Pister Kugelhähne geleistet haben, absolut beachtenswert. Deshalb wollten wir mit unserem Besuch in Gaggenau unsere Wertschätzung gerne auch persönlich ausdrücken.“ Der DGB Baden-Württemberg will den Mitbestimmungspreis künftig alle zwei Jahre verleihen, das nächste Mal also 2020.
von links nach rechts: Jan Brauburger (Trainee in der Geschäftsstelle), Robin Lehmann (Betriebsrat bei Pister Kugelhähne), Claudia Peter (Erste Bevollmächtigte der IG Metall Gaggenau), Gewerkschaftssekretär Bodo Seiler, Martin Kunzmann (DGB-Landesvorsitzender), HBPO-Betriebsrat Steffen Lange, Julia Friedrich (Geschäftsführerin DGB Baden-Württemberg) IG Metall Gaggenau