Auf Instagram backen treusorgende Hausfrauen ihren Männern Apfelküchlein. Für rechte Parteien ist es ein No-Go, dass eine Familie aus zwei Müttern und Kindern besteht. Der Bundestag kann sich nicht dazu durchringen, Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch zu nehmen. Der Eindruck drängt sich auf: Emanzipation war gestern. Das wäre ein krasser Fehlschluss. Gerade angesichts des gesellschaftlichen Rollbacks, der von Rechtspopulisten betrieben wird, müssen Frauen laut werden. Denn eines ist sicher: Je konservativer der gesellschaftliche Trend ist, desto schwieriger wird es für Frauen, desto geringer der Schutz vor Übergriffen und Gewalt. Je mehr Markt, desto mehr müssen Frauen strampeln: beim Einkommen, bei der Wohnungssuche, bei der Kinderbetreuung. Steigt der Mindestlohn nur um ein paar läppische Cent, trifft das Frauen viel stärker als Männer.
Die meisten Frauen sind ökonomisch abhängig
Mehr als die Hälfte der berufstätigen Frauen kann nicht dauerhaft für sich selbst sorgen. Das hat strukturelle Gründe, die zu Benachteiligung führen: fehlende verlässliche und bezahlbare Kinderbetreuung, mangelnde Wertschätzung für typische Frauenberufe und eine oft männlich geprägte Unternehmenskultur mit überlangen Meetings und der Maxime: Wer als letzter geht, leistet am meisten. In Baden-Württemberg ist jede zweite Frau nur in Teilzeit beschäftigt – und nicht einmal jeder zehnte Mann. Die Entgeltlücke ist zwar gesunken, beträgt immer noch 16 Prozent. Das sind 4,10 Euro weniger in der Stunde. Frauendominierte Berufe wie Erziehung und Pflege sind genauso anspruchsvoll wie "klassische Männerberufe”. Nur deutlich schlechter bezahlt. Zuhause wartet auf viele Frauen noch mehr Arbeit. Pro Woche verbringen Frauen elf Stunden mehr mit Kindererziehung, Pflege, Hausarbeit und Ehrenamt als Männer. Rund 90 Minuten täglich, ein ganzer Spielfilm.
Was tun, damit sich unsere Töchter nicht in 20 Jahren mit denselben Problemen herumschlagen müssen? Ran an die Strukturen! Nur durch die richtigen politischen Rahmenbedingungen, kann es zu einer wirklichen Veränderung kommen, die die eingefleischten Rollenbilder aufhebt. Es braucht Anreize: für Männer, mehr als die zwei Monate Elternzeit zu nehmen. Für Arbeitgeber, eine familienfreundliche Unternehmenskultur zu schaffen. Für Frauen, nicht aus steuerlichen Gründen zuhause zu bleiben. Deshalb: Weg mit den Minijobs, weg mit dem Ehegattensplitting und der Steuerklasse V.
Wenn hauptsächlich Männer von der aktuellen „Kitastrophe“ betroffen wären, gäbe es vermutlich längst Krisengipfel und Soforthilfeprogramme. Und wenn die durchschnittliche Rente für Männer bei nicht einmal 900 Euro läge, sähe die Rentenpolitik sicherlich anders aus. Wenn Beschäftigte im Einzelhandel größtenteils männlich wären, würden Lidl, Aldi & Co. deutlich besser zahlen.
Es braucht Druck auf die Bundesregierung
Vorschlag zum 8. März: einen Tag Rollentausch. Die Männer hetzen nach ihrem Teilzeitjob inklusive Überstunden in die Kita, nehmen den Termin beim Kinderarzt wahr und putzen abends das Bad. Die Frauen treffen sich mit ihrer Clique zum Bowling und chillen auf dem Sofa.
Vor allem: Es braucht Druck auf die neue Bundesregierung: für einen starken Sozialstaat, für eine gerechte Arbeitswelt, gut ausgebaute Infrastruktur und ein Steuersystem, das Frauen nicht zurücklässt. Denn Gleichberechtigung macht das Leben für alle besser. Auch für die Männer. Versprochen.
Studie der DGB-Frauen zur Existenzsicherung
Weitere Informationen zum Frauentag im Land findet ihr auf unserer Webseite.