DGB Baden-Württemberg ehrt fünf Mitbestimmungsgremien für ihre beispielhafte Arbeit

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Ordnungsnummer PM 040

Dachzeile Mitbestimmungspreis "Gute Arbeit – ausgezeichnet“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Baden-Württemberg verleiht zum vierten Mal den Mitbestimmungspreis „Gute Arbeit – ausgezeichnet“. Die Preisverleihung findet heute Abend, 23. Oktober, im Rahmen des Betriebs- und Personalräteempfangs im Haus der Wirtschaft in Stuttgart statt. Zu dem Empfang hat die Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut eingeladen. Sie hat auch wieder die Schirmherrschaft für den Preis übernommen. Die Auszeichnung wird alle zwei Jahre vergeben, 2024 zum vierten Mal. Der DGB würdigt mit dem Preis beispielhafte Projekte von Mitbestimmungsgremien aus Baden-Württemberg. Eine unabhängige Jury, die mit Fachleuten aus Wissenschaft, Politik, Kultur, Kirchen und Gewerkschaften besetzt ist, bestimmt die Preisträger in den fünf Kategorien Großbetriebe, Kleinbetreibe, Personalräte, Weiterbildung und Qualifizierung sowie Internationales. 

 

Die diesjährigen Gewinner sind:

Betriebsrat der Albert Handtmann Metallgusswerk GmbH & Co, Biberach (Kategorie Großbetrieb) 

Der Betriebsrat der Albert Handtmann Metallgusswerk GmbH & Co. KG (rund 1.200 Beschäftigte) wird für die langfristige Sicherung des Produktionsstandortes ausgezeichnet. Diese mündete in einem Zukunftstarifvertrag mit dem Ziel, die Transformation des Unternehmens zu gestalten und Arbeitsplätze zu sichern, abgeschlossen. Der Tarifvertrag sichert die Beschäftigung ohne direkte Entgeltverluste, stärkt die Mitbestimmung des Betriebsrats bei strategischen Entscheidungen und enthält eine verbindliche Investitionszusage. Zudem wurde die Ansiedlung neuer Produkte im Bereich Elektromobilität am Standort Biberach festgelegt. Das Vorhaben zeigt, wie Transformation erfolgreich mit der Belegschaft gestaltet werden kann.

 

Betriebsrat der Klinik-Technik GmbH am Universitätsklinikum Heidelberg, (Kategorie Kleinbetrieb) 

Der Betriebsrat der Klinik-Technik GmbH (KTG) am Universitätsklinikum Heidelberg (rund 260 Beschäftigte) wird für erfolgreiche Erreichung der Tarifbindung für alle KTG-Beschäftigten ausgezeichnet. Ziel war es, eine Tarifbindung für alle bisher tariflos Beschäftigten der KTG zu erkämpfen. Nach intensiven Tarifauseinandersetzungen, mehr als 30 Streiktagen und einer erfolgreichen Urabstimmung für unbefristete Streikmaßnahmen gelang es im September 2023, den Vorstand des Klinikums zum Einlenken zu bewegen. Der neue Tarifvertrag, der am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, beinhaltet gleiche Arbeitsbedingungen wie für die Beschäftigten des Universitätsklinikums, u. a. eine stufenweise Absenkung der Arbeitszeit von einer 40- auf eine 38,5-Stunden-Woche, Jahressonderzahlungen und die Übernahme von Lohnsteigerungen aus dem Tarifvertrag Uniklinika.

 

Personalrat des Klinikums Stuttgart (Kategorie Personalrat) 

Der Personalrat des Klinikums Stuttgart (rund 10.000 Beschäftigte) wird für seine Arbeit zum Schutz der Beschäftigten vor Überbelastung und konkludenten Überstunden ausgezeichnet. Ziel war es, die gesundheitlichen Gefährdungen durch übermäßige Arbeitsbelastung zu verringern. Das Ergebnis ist eine neue Dienstvereinbarung, die ein strukturiertes Verfahren zur Reduktion von konkludenten Überstunden und überfordernden Arbeitsbedingungen etabliert. Diese Dienstvereinbarung soll langfristig die Arbeitsbelastung der Beschäftigten senken und ihre Gesundheit schützen.

 

Betriebsrat des Liebherr-Werks Biberach GmbH, Biberach (Kategorie Weiterbildung & Qualifizierung) 

Der Betriebsrat der Liebherr-Werk Biberach GmbH (1.550 Beschäftigte) wird für sein Engagement in der Weiterbildung und Qualifizierung ausgezeichnet. Ziel war es, die Kurzarbeit zu nutzen, um die Beschäftigten fit für den Strukturwandel und die Digitalisierung der Produktion zu machen. Der Betriebsrat, dessen Mitglieder sich auch zu Weiterbildungsmentor*innen ausbilden ließen, setzte sich für eine Betriebsvereinbarung ein, die Qualifizierungen während der Kurzarbeit ermöglicht. Ein paritätisch besetzter Steuerungskreis organisiert seither diverse Schulungen, von digitalen Grundkompetenzen bis hin zu Resilienz- und Zeitmanagement-Trainings. Diese Maßnahmen werten die Qualifikation der Beschäftigten auf und machen die Arbeitsplätze sicherer.

 

Betriebsrat der Erwin Hymer Group SE, Bad Waldsee (Kategorie Internationales) 

Der Betriebsrat der Erwin Hymer Group SE (rund 9.000 Beschäftigte) wird für die Beteiligungsvereinbarung des SE-Betriebsrats ausgezeichnet. Ziel war es, nach der Umwandlung in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) im Jahr 2019 die Mitbestimmung auf europäischer Ebene sicherzustellen. Die Vereinbarung fördert die enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmensleitung, Betriebsräten und Gewerkschaften an allen europäischen Standorten. Der SE-Betriebsrat hat uneingeschränkten Zugang zu den Unternehmen der Gruppe, und Arbeitnehmervertreter*innen genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Besonders positiv ist die Einbeziehung der britischen Arbeitnehmervertreter trotz des Brexits, die weiterhin voll an der Mitbestimmung beteiligt sind.

 

Kai Burmeister, Vorsitzender DGB Baden-Württemberg: „Gegenwärtig ballen sich die Herausforderungen, vor denen die Betriebe im Land stehen. Die technologischen Veränderungen rund um die Energiewende, Klimaneutralität und Künstliche Intelligenz beschleunigen sich. Gleichzeitig bekommt vor allem die baden-württembergische Exportwirtschaft die Konjunkturschwäche deutlicher zu spüren. Die Politik ist aufgerufen, die Rahmenbedingungen für Investitionen und sichere Beschäftigung zu verbessern. Die Unternehmensleitungen stehen in der Pflicht, die nötigen Zukunftsinvestitionen an den heimischen Standorten zu tätigen und bei uns Arbeitsplätze zu sichern.“

Burmeister hob die Bedeutung betrieblicher Mitbestimmung hervor: „Damit Beschäftigte nicht unter die Räder geraten, engagieren sich tagtäglich Kolleginnen und Kollegen in Betriebsräten, Personalräten, Jugend- und Auszubildendenvertretungen und Schwerbehindertenvertretungen. An dieser Stelle sagen wir als DGB Baden-Württemberg vielen Dank für dieses so wichtige Engagement. 

Die Bundesregierung hat die Regeln für die Betriebsratsvergütung gesetzlich klargestellt. Das war ein richtiger Schritt. Wer sich am Arbeitsplatz für betriebliche Demokratie einsetzt, darf nicht benachteiligt werden. 

Jetzt braucht es weitere, entschiedene Schritte: Beschäftigte, die erstmals einen Betriebsrat gründen wollen, müssen besser geschützt werden. Das würde Betriebsratswahlen deutlich sicherer machen. Zudem muss das Be- oder Verhindern von Betriebsräten stärker bestraft werden, etwa durch die Einstufung als Offizialdelikt. Noch immer wird jede fünfte Betriebsratsgründung von Arbeitgeberseite behindert, insbesondere in inhabergeführten Betrieben.

Angesichts der rasanten Umbrüche wird Mitbestimmung wichtiger denn je. Nötig ist eine große Reform der betrieblichen Mitbestimmung. Zwar ist das ein großes Rad. Aber genau diese Größenordnung ist angemessen.“

Scharf kritisierte der DGB-Landesvorsitzende Angriffe auf die Mitbestimmung, wie sie etwa mit Blick auf das Landespersonalvertretungsgesetz verschiedentlich geäußert werden: „Immer wieder hören wir von Arbeitgebern und aus dem politischen Raum: Mitbestimmung ist ein bürokratischer Zopf, den man abschneiden kann. Wer so etwas sagt, hat definitiv nicht die Interessen der Beschäftigten im Sinn. So stärken wir weder die Demokratie noch wirken wir dem Fachkräftemangel wirksam entgegen. Das Schleifen von Arbeitnehmerrechten bei Mitbestimmung und Arbeitszeitsouveränität ist die exakt falsche Antwort auf die Aufgaben, vor denen Betriebe und Beschäftigte stehen.“ 

 

Die Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut würdigte in ihrer Funktion als Schirmherrin die Preisträger: „Mit diesem Preis wird der Einsatz der Betriebs- und Personalräte in besonderer Weise geehrt. Ihre Projekte zeigen, wie lebendig und aktiv diese Zusammenarbeit gelebt wird.“ 

Es sei beeindruckend, wie viele herausragende und inspirierende Projekte eingereicht wurden, betonte die Ministerin. Anknüpfend daran hob Ministerin Hoffmeister-Kraut im Rahmen des alle zwei Jahre stattfindenden Empfangs der Betriebs- und Personalräte hervor, dass deren tägliche Arbeit nicht nur innerhalb der Unternehmen eine zentrale Rolle spiele, sondern auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt von großer Bedeutung sei. „Ohne Ihr Engagement wäre unsere Arbeitswelt eine andere, weniger gerecht und weniger menschlich. Lassen Sie uns den heutigen Abend nutzen, um gemeinsam zu feiern, um auf das bisher Erreichte stolz zu sein und um motiviert in die Zukunft zu blicken. Es gibt noch viel zu tun, und ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit Ihnen an unserer Seite auf einem sehr guten Weg sind“, zeigte sich Hoffmeister-Kraut überzeugt.

 

Hintergrund:
Die Porträts der Preisträger finden Sie in unserer Broschüre.

 

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