Die Landesregierung startet nun den Beteiligungsprozess für die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie. Den Auftakt bildet am morgigen Freitag (7. Juni) eine „Zukunftskonferenz“, zu der das Sozialministerium und die Forschungseinrichtung FaFo des Statistischen Landesamtes einladen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Baden-Württemberg dringt darauf, dass die Erarbeitung der im Koalitionsvertrag angekündigten Gleichstellungsstrategie nun zügig in Angriff genommen wird.
Maren Diebel-Ebers, stellvertretende Vorsitzende des DGB Baden-Württemberg: „Auch 75 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes bleibt sehr viel zu tun, um faktische Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu erreichen. Eine konsequente Frauen- und Gleichstellungspolitik ist elementar für die Demokratie, besonders wenn rechtspopulistische und nationalistische Kräfte emanzipatorische Errungenschaften in vielen Ländern zurückschrauben. Auch hierzulande werden sicher geglaubte Frauenrechte in Frage gestellt. De facto werden sie von der Sparpolitik untergraben, etwa bei der Gesundheitsversorgung, in der Bildungspolitik und durch zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Daher müssen wir das Erreichte verteidigen und weiter für Fortschritte streiten.“
Der DGB hat im Vorfeld des Beteiligungsprozesses konkrete gleichstellungspolitische Anforderungen erarbeitet. Dazu fand Mitte Mai ein Workshop mit rund 70 Gewerkschaftsfrauen im Stuttgarter Willi-Bleicher-Haus statt. Der Schwerpunkt lag auf der ökonomischen Unabhängigkeit von Frauen. „Gerade in Baden-Württemberg ist das Zuverdienerinnenmodell übermäßig weit verbreitet. Nur 41 Prozent der erwerbsfähigen Frauen sichern ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit. Das ist im Jahr 2024 ein erschreckend niedriger Wert: Jede Frau, die wirtschaftlich nicht auf eigenen Füßen stehen kann, geht das Risiko ein, eines Tages auf Transferleistungen angewiesen zu sein oder in Armut zu rutschen. Schon heute ist die Armutsgefährdung von Frauen mit 17,4 Prozent überdurchschnittlich hoch. Auch mit Blick auf die zunehmenden Arbeitskräftebedarfe ist es ein großes Manko, auf die Expertise von gut ausgebildeten Frauen zu verzichten. Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten“, betont Diebel-Ebers.
Besonders drei Aufgabenfelder sind aus Sicht des DGBs zu bearbeiten:
1) Die Kinderbetreuungsmöglichkeiten müssen verlässlich gestaltet und ausgeweitet werden, nur so ist es Frauen möglich, sich stärker am Erwerbsleben zu beteiligen.
2) Haus- und Sorgearbeit muss gerecht zwischen Männern und Frauen geteilt werden können. Das Land kann hier mit gutem Beispiel vorangehen und in seinen landeseigenen Unternehmen, Institutionen und Behörden Arbeitszeiten und flexible Modelle fördern, die zum Leben passen.
3) Die gravierende Entgeltlücke von 22 Prozent muss geschlossen werden. Ein wichtiges Instrument zum Abbau des Gender-Pay-Gaps sind Tarifverträge. Mit einem wirksamen Vergabegesetz kann die Landesregierung Maßstäbe für mehr Tarifbindung setzen. Außerdem fordern wir die Einführung des im Koalitionsvertrag angekündigten Lohnatlas, der für die notwendige Transparenz sorgt.
Diebel-Ebers: „Jetzt und in Zukunft mit der eigenen Erwerbsarbeit für sich selbst sorgen zu können – das ermöglicht Frauen ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben. Deshalb erwarten wir, dass die Landesregierung mit konkreten Maßnahmen Baden-Württemberg ein Stück frauengerechter macht.“
Das Forderungspapier der DGB-Frauen finden Sie hier.
Ansprechpartnerin:
Jessica Messinger, Bezirksfrauensekretärin DGB Baden-Württemberg (mobil 0175 2924272 oder jessica.messinger@dgb.de)