Fehlende Tarifverträge bedeuten nicht nur einen erheblichen finanziellen Nachteil für die Beschäftigten. Tarifflucht kommt auch die Allgemeinheit teuer zu stehen. Das belegen neue Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Die Mindereinnahmen, die allein durch Tarifflucht und Lohndumping der Arbeitgeber in Baden-Württemberg entstehen, summieren sich bei den Sozialversicherungen jährlich auf 6,1 Milliarden Euro und auf 4,0 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer – insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro.
Die mangelnde Tarifbindung schmälert zudem die Kaufkraft der Beschäftigten: Wer in Baden-Württemberg nicht nach Tarif bezahlt wird, hat im Jahr – betrachtet über alle Branchen und Berufe hinweg - durchschnittlich netto 3.009 Euro weniger auf dem Lohnzettel als tarifgebundene Beschäftigte. Insgesamt hätten die Beschäftigten in Baden-Württemberg mit flächendeckender Tarifbindung rund 8,4 Milliarden Euro mehr pro Jahr im Portemonnaie.
Kai Burmeister, Vorsitzender DGB Baden-Württemberg: „Nur noch rund jede*r zweite Beschäftigte in Baden-Württemberg profitiert von einem Tarifvertrag. Bundesweit sieht es nicht besser aus. Tarifflucht und fehlende Tarifbindung untergraben einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen. Sie schwächen den sozialen Zusammenhalt. Deshalb geht Tarifflucht uns alle etwas an.“
Der DGB startet in Kürze eine Kampagne unter dem Motto Eintreten für die Tarifwende, um für mehr Tarifbindung zu werben. Burmeister weiter: „Mit Tarifverträgen gibt es nicht nur höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und mehr Urlaub. Damit gestalten die Beschäftigten auch ihre Arbeitsbedingungen aktiv mit. Wir machen uns für eine Trendwende stark. Wir wollen mehr Schutz und Perspektiven für die Beschäftigten. Mit unserer Kampagne erinnern wir die Arbeitgeber an ihre soziale Verantwortung. Wir richten uns aber auch an die Politik, die endlich mehr tun muss, um die Tarifbindung hierzulande wieder zu stärken.“
Der DGB-Vorsitzende im Südwesten erinnerte daran, dass der grün-schwarze Koalitionsvertrag eine Reform des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes vorsieht, die regionale Tarifverträge zum Maßstab bei öffentlichen Vergaben macht. „Wir erwarten, dass Grüne und CDU zu ihrem Wort stehen. Die Reform muss jetzt endlich kommen“, forderte Burmeister. „Mehr Tarifbindung stärkt die Binnennachfrage und sichert gute Arbeitsplätze. Das ist genau das richtige Instrument, um den Beschäftigten Sicherheit zu geben und die Konjunktur zu beleben.“
Der DGB fordert, dass öffentliche Aufträge und Fördergelder generell nur an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge anwenden. Auch für die Privatwirtschaft sind bessere Gesetze notwendig, um die Tarifbindung zu stärken: Im Falle einer Aufspaltung oder Abspaltung eines Unternehmens sollten Tarifverträge weiterhin gelten. Zudem muss es leichter werden, Tarifverträge für alle Unternehmen einer Branche allgemeinverbindlich zu erklären.
Hintergrund:
Die DGB-Berechnungen basieren auf der jüngsten Verdiensterhebung (VE), die das Statistische Bundesamt zuletzt für das Jahr 2022 erhoben hat.
Die Forderungen zur Stärkung der Tarifbindung: www.dgb.de/tarifbindung
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